Ukraine im Fokus: Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich besuchte die Steinmühle
Nicht über Politikerinnen und Politiker reden, sondern mit ihnen. Das ist das Bestreben des Gymnasiums Steinmühle und das ist auch der Grund, warum Besuchsangebote von Abgeordneten, Ministerinnen und Ministern stets gern angenommen werden. Über den heimischen Landtagsabgeordneten Dirk Bamberger (CDU) entstand für die Steinmühle der Kontakt zu Lucia Puttrich. Sie ist nicht nur Bambergers Mitstreiterin im Hessischen Landtag, sondern auch Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Bevollmächtigte des Landes Hessen. Kürzlich saß sie zusammen mit Dirk Bamberger und Horst Falk, ebenfalls Landtagsabgeordneter sowie Bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, auf dem Podium im Steinmühlenforum: Schüler*innen fragen – Politiker*innen antworten.
Ministerieller Besuch mitten im Ukraine-Krieg – das war für die Jahrgangsstufen 11 und 12 der Steinmühle eine gute Gelegenheit, Dinge anzubringen, die sie bewegten. Nicht verwunderlich, dass haupsächlich dieses Thema die Steinmühlenschülerinnen und Steinmühlenschüler umtrieb. Es war eine ernsthafte Veranstaltung mit tiefgehenden Fragen und wohlüberlegten Antworten der Ministerin. Und es waren nicht immer Antworten, die Bedenken entkräften oder Ängste nehmen konnten. Informativ, aber nicht beschönigend.
„Ein Krieg gegen die Nato und die EU“
„Die Ukraine verteidigt die Souveränität ihres Landes und praktisch jeder Ukrainer hat eine Waffe,“ begann Lucia Puttrich die Schilderung der Lage in dem Land, auf dem derzeit europa- und weltweit der Fokus liegt. Der Ministerin war aber auch daran gelegen, deutlich zu machen, dass der Konflikt nicht an den Territorialgrenzen haltmacht, sonden imperialistisch geprägt ist: „Putin will sein altes Reich wiederhaben. Es ist ein Krieg gegen die Nato und die EU. Und Putin ist nicht vom Grunde her gewillt, den Krieg vor Erreichung dieser Ziele zu verändern.“ Auf die oft gestellte Frage, ob nicht die Abwesenheit Putins von der Bildfläche eine Verbesserung der Situation bringen würde, hatte die Ministerin keine positive Prognose:“ Es liegt nicht an der Person, es ist das System dahinter.“
Was steht mit dem Ukraine-Krieg auf dem Spiel? Was verteidigen wir? Was passiert, wenn Russland den Gashahn abdreht? – Fragen der Ministerin zum Nachdenken und Fragen aus der Schülerschaft. „Wir verteidigen die Demokratie,“ sagte Puttrich, „und Teuerungen mit wirtschaftlichen Einbrüchen sind derzeit der Preis dafür“. Es gehe um Haltung, um die Erkenntnis, nichts für selbstverständlich zu nehmen. „Wir haben eine Verantwortung gegenüber der Ukraine,“ konstatierte Lucia Puttrich und fuhr fort:“Und die Verantwortung haben wir auch für Russland. Das kann aber nicht bedeuten, dass man einen Vernichtungskrieg gutheißt.“
„Eine Zeit der Eskalation“
Die Ministerin erläuterte das Fundament der NATO als einen Verteidigungspakt mit Beistandsverpflichtung. Gefährdungslagen habe man derzeit in den baltischen Staaten und in Polen. Durch diese Konstellation seien bestimmte Abläufe miteinander verknüpft: „Wenn die Ukraine fällt, dann haben wir einen Domino-Effekt.“ Die gegenwärtige Lage zeige sei grundsätzlich unstimmig mit den formalen Gegebenheiten. Puttrich:“Die Ukraine ist ein souveräner Staat, anerkannt auch von Russland.“ Hieraus alleine zeige sich eine gewisse Umberechenbarkeit: „Wenn Putin den 3. Weltkrieg will, dann will er den, das entscheiden nicht wir. Und ein Krieg ist am ehesten dann vermeidbar, wenn er für Russland nicht gewinnbar ist.“ Tatsächlich, so der Besuch aus Wiesbaden, müsse man sich wohl auf einen langen Konflikt einstellen:“Ein Waffenstillstand wäre schon etwas Gutes.“ Es dauere lange, bis Sanktionen wirken. Das Verhalten des russischen Staatspräsidenten etwa als Laune zu bewerten, hält die Ministerin für einen Fehler: „Putin meint die Dinge ernst. Wir leben in einer Zeit der Eskalation.“
„Wir müssen aus der Geschichte lernen, alles ist möglich,“ schloss Landtagsabgeordneter Horst Falk den Gesamtdialog zwischen dem Politiker-Podium und der Schülerschaft. Einen beruhigenden Schlusstenor hatte die von den Steinmühlen-Lehrern Bernd Hülsbeck und Erno Menzel vorbereitete und von Tilmann Molzberger aus dem PoWi-LK der Q2 moderierten Veranstaltung nicht – auch angesichts der zum Teil exklusiven Informationsquellen der Ministerin. Schulleiter Björn Gemmer bedankte sich für die Vermittlung des Termins, die Anwesenheit und aktive Mitarbeit aller Anwesenden und deren Bereitschaft, sich für den Dialog mit jungen Menschen Zeit zu nehmen.
Als die Veranstaltungszeit abgelaufen war, hätte das Auditorium noch weiterdiskutieren können. Sicher ein Zeichen für eine bewegende Thematik, aber auch für einen fruchtbaren Austausch.