Zukunft des Angeklagten als wichtiger Aspekt: 8b verfolgte Prozess im Amtsgericht

Die Klasse 8b hat im Kontext des Projekts „Jugend und Kriminalität“ einen spannenden Gerichtsprozess im Marburger Amtsgericht besucht. Dazu verfasste eine Schülerin den folgenden Bericht:

Am 20. November besuchte die Klasse 8 der Steinmühle das Amtsgericht in Marburg. Durch die intensive Vorbereitung, bei der man sich mit unterschiedlichen Vergehen, als auch mit Hintergrundwissen und juristischen Fachbegriffen beschäftigt hatte, entstand in unserer Klasse ein gewisses Maß an Vorwissen, welches uns im anschließenden Prozess nützlich wurde.

 

Einblick in die Arrestzellen

Um 8 Uhr trafen wir uns alle vor dem Amtsgericht in der Universitätsstraße. Dort stellte uns unsere Lehrerin Dr. Claudia Röder Herrn Dr. Wilhelm vor, der als Richter am Amtsgericht arbeitet. Außerdem hatten wir noch das Glück, zwei Justizwachtmeister dort anzutreffen, die bereit waren, uns einen Einblick in die Arrestzellen des Gerichts zu verschaffen.

Zehn Minuten später standen wir alle im engen Flur vor den insgesamt fünf schlicht ausgestatteten Arrestzellen. Die Innenausstattung in den Arrestzellen war einfach: ein an die Wand montierter Holztisch in Kombination mit einem schlichten Stuhl, ein Waschbecken und eine Toilette. Die Wachtmeister erzählten uns außerdem noch ein paar Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag, was uns ermöglichte, einen kleinen theoretischen Einblick zu bekommen, wie sich Menschen fühlen, die für kurze Zeit hier untergebracht werden.

 

Besuch im Schwurgerichtssaal

Daraufhin hatten wir, bevor der Prozess begann, noch ein bisschen Zeit, in der wir uns von den Wachtmeistern den Schwurgerichtssaal zeigen ließen. Dort erläuterten uns die Justizwachtmeister und Dr. Wilhelm weitere Beispiele unterschiedlicher Gerichtsprozesse und ihre Besonderheiten. Das war für uns eine gute Vorbereitung auf die anstehende Verhandlung.

 

Betäubungsmittel waren das Thema

Um 9 Uhr startete der Prozess, und wir konnten uns im Verlauf einen guten Überblick über die grobe Struktur einer solchen Verhandlung machen. In diesem Fall ging es hauptsächlich um Konsum und Handel mit Betäubungsmitteln. Ein Thema, welches wir zwar im Unterricht angesprochen hatten, jedoch nicht annähernd so detailliert.

 

Verlesung von Chat-Verläufen

Trotz der vielen juristischen Details konnten wir dem Ablauf gut folgen, auch wenn es an manchen Stellen schwieriger war, konzentriert zu bleiben. Zum Beispiel, als die Beweislage durchgegangen wurde. Das Handy des Angeklagten war von der Polizei ausgewertet worden, und die Verlesung der Chat-Verläufe und Telefonat-Aufzeichnungen dauerte am Ende ziemlich genau eine Stunde.

 

26 Vorstrafen und Bericht vom Psychiater

Die beiden Polizisten, die als Zeugen geladen worden waren, berichteten von den Ermittlungen gegen den Angeklagten, was sehr aufschlussreich war und nochmal eine weitere Perspektive in den Prozess mit eingebracht hatte. 20 Minuten später folgte nochmals ein ziemlich theoretischer Teil, bei dem die bereits begangenen 26 Vorstrafen vom Richter verlesen wurden, was jedem von uns einen kleinen Einblick in Vergangenheit und Kindheit des Angeklagten gegeben hat. Denn wie man auch durch die Aussagen der Bewährungshelferin und des Psychiaters gesehen und selbst gemerkt hat, sind solche Vorkenntnisse immer Wichtigkeit. Höchstwahrscheinlich jeder, die Staatsanwaltschaft und den Richter eingeschlossen, hätte vor den Aussagen der Bewährungshelferin und dem Psychiater ein anders Bild vom dem Angeklagten gehabt. Doch mit dieser Einordnung, die für den Richter eine große Unterstützung darstellt, änderten sich viele Aspekte des Falls.

 

Es geht nicht um Höchststrafe, sondern um eine Zukunft

Denn am Ende möchten alle eine gute Lösung für das Problem oder den jeweiligen Sachverhalt finden. Es geht nicht darum, jemanden zur Höchststrafe zu verurteilen, sondern darum, eine Lösung für die betreffende Person zu finden. Alle Beteiligten bemühten sich um eine Zukunft für den Angeklagten und darum, ihn anzuleiten, um ihm so einen Weg in die Gesellschaft zurück zu ermöglichen.

Annamierl Pierenkemper, Kl. 8b