Nachhaltigkeitsforum Jahrgang 11: Polarisierende Debatte mit der heimischen Politik zum Thema MOVE 35
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Es war nicht die entspannteste Veranstaltung, die die Steinmühle je gesehen hat, geschuldet ganz klar dem Thema:

Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Sara Müller von der Bürgerinitiative Verkehrswende diskutierten zum Verkehrskonzept MOVE 35 mit Oskar Edelmann, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg und Lisa Deißler von der CDU/FDP/BfM-Fraktion.

Alle sahen sich gleichzeitig mit Fragen des Jahrgangs 11 der Steinmühle konfrontiert.

Ökologie vs. Ökonomie. – Oder geht doch beides gemeinsam?

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und in diesem Zusammenhang ratifizierter internationaler und nationaler Abkommen ist Verkehrsmobilität ein zentrales Thema, kontrovers diskutiert. Ökologie und Ökonomie als unabdinglicher Widerspruch?

Differenzierte Themen spielen in das 250 Seiten-Konzept MOVE 35 im Falle seiner Umsetzung hinein. Das zeigte sich in den Statements der Podiumsteilnehmer rasch.

„Hier möchte man schnell Fakten schaffen, die Erreichbarkeit der Marburger Außenstadtteile bleibt auf der Strecke“, konstatierte Lisa Deißler und bekräftigte das Nein ihrer Fraktion aufgrund diverser Schwachstellen: „Es fehlen Konzepte“. Ganz anders der Ansatz von Sara Müller. „Wir haben für Marburg den Klimanotstand beschlossen“, erinnerte sie, „Das Ja zu MOVE 35 ist Klimanotwendigkeit“. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies leitete sein Statement mit der Erinnerung ein „Mobilität ist nicht das Bewegen von Maschinen“. Leider werde jede Verkehrsdebatte als Autoverkehrsdebatte geführt – dabei gehe es nur darum, wie Menschen irgendwo hinkommen.

 

„Es machen sich viele Unternehmer Gedanken“

So wirklich vermochte dies nicht zu verfangen, jedenfalls nicht bei IHK-Vertreter Oskar Edelmann. Für ihn war klar: „Erst muss man den ÖPNV ausbauen, dann kann man an Zwangsmaßnahmen gegen das Auto denken“. Der Interessenvertreter der heimischen Wirtschaft sprach von großen Sorgen der lokalen Unternehmer durch Parkplatzabbau und Einbahnstraßenregelungen: „Es machen sich so viele Unternehmer Gedanken wie noch nie“.

Der Oberbürgermeister räumte ein, dass Mobilität essentiell sei und bezeichnete die Behauptung als „Blödsinn“, man wolle Autos aussperren. Natürlich brauche man eine gewisse Erreichbarkeit, nur in fairem Verhältnis. Aus dem Entfernen von Parkflächen erwächst nach Meinung des IHK-Vertreters ein ökologischer Widerspruch: „Mehr Park-Such-Verkehr macht mehr CO2“. Auch brauche man keine Einschränkungen für Autofahrer, um den ÖPNV und Fahrradwege auszubauen. Zudem kämen Menschen oft nicht zum Privatvergnügen in die Stadt: „Man muss bedenken, dass Marburg täglich 29.000 Pendler hat“.

„Wie wollen die Stadtwerke das stemmen, noch mehr Busse einzusetzen. Busfahrer fehlen doch jetzt schon“ wollte ein Schüler wissen. Sara Müller sieht die Lösung im Einsatz kleiner Fahrzeuge zumindest für die Außenstadtteile. Diese könne man ohne Busführerschein, sondern schon mit Personenbeförderungsschein bedienen.

Lisa Deißler setzte ein klares Fragezeichen hinter die von MOVE-Befürwortern formulierte Absicht, „Quartiersparkhäuser“ zu schaffen und bemerkte, wo diese denn Platz finden sollten. Unter teilweiser Einbeziehung von Schülerfragen erörterten die Anwesenden noch das Thema Versiegelungsflächen, mögliche Veränderungen im Liniensystem, Carsharing und Bürgerbus.

 

„Gegner verbreiten schlechte Laune“

Es blieben von der Veranstaltung letztendlich die gegenseitigen Vorwürfe der Podiumsbeteiligten, Unternehmer und den Landkreis nicht mitbedacht zu haben (Zitat Edelmann), Tatsachen zu verdrehen und schlechte Laune zu verbreiten (Zitat Spies).

Ob nun Kaufhausbesitzer Ahrens oder das Unternehmen Pharmaserv pro oder contra MOVE 35 eingestellt sind, das ließ sich während der Veranstaltung nicht abschließend klären, behauptete doch jeder Podiumsteilnehmer das für sich Passende.

Die jungen Menschen aus dem Jahrgang 11 schienen sich mehrheitlich gegen das Konzept zu positionieren – bei Schülern einer Privatschule aus eher wirtschaftlich fokussiertem Elternhaus wahrlich nicht überraschend. Ob sie damit der Marburger Mehr- oder Minderheit angehören werden, wird sich nach der Abstimmung am 9. Juni zeigen.

Das Nachhaltigkeitsforum an der Schule, so der übergeordnete Veranstaltungstitel, hat eine lange Tradition an der Steinmühle. Die Podiumsdiskussion wurde von der Fachschaft PoWi organisiert, vornehmlich von Carmen Bastian. Sie ist gleichzeitig Ökologische Stelle und Umweltbeauftragte der Steinmühle.