Einblick in den Alltag der Justiz: Schülerin Theresa Figiel berichtet über Besuch am Landgericht
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Am 25. September besuchten wir, die Klasse 8a, im Rahmen des Projektes „Jugend und Kriminalität“ zusammen mit unserer Lehrerin Dr. Claudia Röder das Marburger Landgericht in der Universitätsstraße.  Der Termin wurde durch den Vater einer unserer Klassenkameradinnen, der als Richter am Landgericht arbeitet, möglich gemacht, der uns auch durch das Gebäude führte und Fragen beantwortete. Der Termin war so gewählt, dass wir die Möglichkeit hatten, die Verhandlung eines Strafverfahrens mitzuerleben.

Wir trafen uns um 8:10 Uhr am Gericht in der Universitätsstraße in der Innenstadt. Vor Beginn der Verhandlung war zunächst noch etwas Zeit, sich das Gebäude anzuschauen. So hatten wir die Möglichkeit, die Verwahrzellen anzuschauen. Dort können Angeklagte am Tag des Prozesses eingesperrt werden. Diese Zellen erinnern an Gefängniszellen mit Toilette, Waschbecken, Tisch und Stuhl, allerdings ohne ein Bett.

 

Besichtigung von Fußfesseln und Schutzausrüstung

Im Anschluss sprachen wir mit einem Mitarbeiter vom Wachdienst. Die Aufgabe der Justizwachtmeister ist es unter anderem, die Gefangenen im Gericht zu begleiten und zu bewachen. Die dafür nötigen Utensilien wie Hand- und Fußfesseln durften wir anschauen sowie die Schutzausrüstung des Justizwachtmeisters.

Da die Verhandlung, die wir anhören wollten, in einem kleineren Saal verhandelt wurde, schauten wir uns noch den größten Saal des Gebäudes, den Schwurgerichtssaal an, der an diesem Vormittag nicht belegt war. Es handelt sich dabei um einen recht großen, hohen Raum, der fast die Größe einer kleineren Turnhalle hat und in dem es auch einen Bereich für Zuschauer gibt. Es gab zusätzlich noch viele Stühle für alle Angeklagten bzw. Kläger mit deren jeweiligen Anwälten.

Kurz vor der Verhandlung haben wir uns einen kleineren Saal im Landgericht angesehen und sind dann kurz danach ins Amtsgericht gegangen, wo die Verhandlung stattfand.

Eigentlich hätte die Verhandlung um 9 Uhr beginnen sollen. Wegen einer unfallbedingten Sperrung der B3 verspäteten sich einige Prozessteilnehmer, unter anderem auch der Richter, so dass der Start der Verhandlung um eine Stunde auf 10 Uhr verschoben wurde.

 

Überwachungsvideo vom Tatort

Bei dem verhandelten Strafverfahren handelte es sich um einen Fall von schwerer Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz. Die Tat, die verhandelt wurde, hatte sich im August 2022 in Marburg ereignet. Angeklagt waren ein zum Tatzeitpunkt 18-Jähriger und sein Wahlvater. Der Jüngere der beiden war in Begleitung eines Anwaltes. Der Kläger war nicht zur Verhandlung erschienen. Vorsitz hatte Jugendrichter Kai Michel Dronka, Ankläger war die Staatsanwaltschaft, vertreten durch den Staatsanwalt.

Zu Prozessbeginn wurde zunächst ein Überwachungsvideo vom Tatort angeschaut, im Anschluss erfolgte ein Verhör der beiden Angeklagten durch den Richter und den Staatsanwalt. Der Jüngere gab den Waffenbesitz zu, beide schilderten die körperliche Auseinandersetzung mit dem Kläger als Notwehr. Zudem wurden zwei Zeuginnen vernommen, von den eine die Aussage verweigerte und die zweite Zeugin die Ausführungen der Angeklagten bestätigte.

 

Strafe wegen Abwesenheit am Verhandlungstag

Nach Ende der Vernehmungen war eine Pause von einer Viertelstunde vorgesehen. Da die Verhandlung eine Stunde später als geplant begonnen hatte, hatten wir keine Zeit mehr, die Urteilsverkündung abzuwarten und mussten schon zurück zur Schule. Später in der Schule haben wir erfahren, dass der ältere der beiden Angeklagten keine Strafe bekommen hatte. Der jüngere wurde wegen illegalem Waffenbesitz zu 80 Arbeitsstunden verurteilt. Und auch der Kläger erhielt eine Strafe von 300 Euro oder drei Tagen Arrest wegen Abwesenheit am Verhandlungstag, weil sein ärztliches Attest vom Richter nicht anerkannt wurde.

Es war ein sehr gelungener Vormittag, an dem wir einen kleinen Einblick bekommen konnten, was der Alltag von Justiz und Gerichten ist. Allein das Gerichtsgebäude von innen zu sehen, was man sonst nur von Fotos in der Zeitung kennt, war interessant. Auch wenn wir noch vor dem Urteil zurück zur Schule mussten, hat sich der Tag sehr gelohnt.

Im Rahmen des Besuchs entstanden auch Fotos, die an den Tag im Landgericht erinnern werden.