Kooperationsprojekt mit der Steinmühle: SF Blau-Gelb Marburg erhält 2. Jürgen-Markus-Preis für barrierefreie Teilhabe am Sport
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„Menschen sind nicht behindert – Menschen werden behindert. Wenn wir konsequent daran arbeiten, diesen Grundsatz zu verinnerlichen und Behinderungen zu beseitigen, dann sind wir in der Inklusion ein großes Stück weiter“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Jürgen Markus, der sich nach einer Querschnittslähmung vor ungeahnten Herausforderungen sah, setzte sich fortan bis zu seinem Tod 2010 für ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen ein. „Es ist beeindruckend, mit welchem Nachdruck, mit welcher Konsequenz und Sensibilität sich Jürgen Markus völlig unbeirrbar für Menschen mit Behinderung in unserer Stadt eingesetzt hat“, würdigte der OB. In diesem Sinne engagieren sich in Marburg auch heute noch viele Menschen, Vereine und Institutionen – das prämiert die Stadt alle zwei Jahre mit dem Jürgen-Markus-Preis.

„In diesem Jahr hat die Jury unter den Bewerbungen zwei Preisträger*innen ausgewählt“, erklärte Susanne Holz, Kuratorin des Jürgen-Markus-Preises. Der mit 10.000 Euro dotierte erste Preis geht 2022 an den Basketball-Club Marburg. „Beim BC Marburg ist Inklusion ein gelebtes Vereinselement geworden“, sagte Holz weiter, und: „Das Handicap-Team ist selbstverständlicher Teil des Vereins, ebenso wie Menschen mit Behinderungen selbstverständlicher Teil der Fangemeinschaft sind.“ Die Jury sei beeindruckt von der Nachhaltigkeit von Inklusion beim BC Marburg. Gerade im Mannschaftssport sei dies noch nicht selbstverständlich. Den Jürgen-Markus-Preis 2022 nahm Hilde Rektorschek vom Vorstand des BC Marburg von Spies und Holz entgegen.

Den zweiten Preis erhielten die Sportfreunde Blau-Gelb Marburg, die Steinmühle, das fib, das Kerstin-Heim und Special Olympics für ihr Projekt „Gemeinsam“. „Es ist beeindruckend, dass so viele Kooperationspartner*innen zusammenwirken, um gemeinsam Inklusion im Sport zu verwirklichen“, lobte hier die Kuratorin. Das Projekt stehe noch am Anfang, daher solle der Preis Mut machen und gleichzeitig andere Vereine motivieren, sich für Menschen mit Behinderungen zu öffnen. „Gemeinsam“ erhält 5.000 Euro. Den Preis nahmen Dr. Anton Schmölz, Vorsitzender der Sportfreunde Blau-Gelb Marburg, und Martina Strube vom Kerstin-Heim entgegen.

 

Hintergrund

Jürgen Markus setzte sich in Marburg für Barrierefreiheit ein, um Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmteres Leben zu ermöglichen. Nach seinem Tod im Jahr 2010 gab es den vielfachen Wunsch, Jürgen Markus aufgrund seines enormen Engagements und seiner beeindruckenden Persönlichkeit zu würdigen. Über alle Parteigrenzen hinweg wurde von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig beschlossen, einen Preis vonseiten der Stadt zu stiften, der erstmals im Jahr 2012 verliehen wurde. Seither wird er im zweijährigen Rhythmus vergeben. Ziel des Preises ist mehr Barrierefreiheit zu erreichen, um Menschen mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern. Der Preis soll sowohl engagiertes Wirken ehren als auch Anregungen für neue Ideen liefern.

Jürgen Markus wurde 1957 in Bad Driburg in Ostwestfalen geboren. Ende der 70er Jahre kam er zum Studium nach Marburg. Im Februar 1982 zog er sich beim Sport-Dies der Philipps-Universität durch einen Unfall irreparable Verletzungen im Halswirbelbereich zu, was eine dauerhafte Querschnittlähmung zur Folge hatte. Die neue Situation stellte ihn vor ungeahnte Herausforderungen in seinen elementaren Lebensbereichen. Sein „zweites Leben“ – wie er es selber nannte – war geprägt vom Kampf für ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen. Er engagierte sich in der Krüppelinitiative Marburg (KRIM) und im Verein zur Förderung der Inklusion behinderter Menschen (fib), den er lange Jahre als Vorsitzender maßgeblich prägte. Kommunalpolitisch war er von 1998 bis 2007 als Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtparlament tätig, vor allem im Bauausschuss im Bereich Stadtentwicklung. Den Behindertenbeirat hat er 1997 mit auf den Weg gebracht und bis zu seinem Tod als stellvertretender Vorsitzender durch seine Persönlichkeit stark geprägt.

Dass in Marburg Barrierefreiheit über alle Parteigrenzen hinweg gefördert und gefordert und der Behindertenbeirat in Entscheidungen eingebunden wird, die Menschen mit Behinderungen betreffen, ist vor allem Jürgen Markus’ Verdienst, der die Gabe hatte, Menschen zu gewinnen, indem er ihnen mit Wertschätzung begegnete.

In den letzten Jahren seines Lebens musste er sich sukzessive zurücknehmen und Ämter abgeben, da er zunehmend mit gesundheitlichen Folgeproblemen seiner Verletzungen zu kämpfen hatte. Im Februar 2010 starb er im Alter von 52 Jahren.